Annalena Baerbock verzichtet auf Kanzlerkandidatur: „Meine Kraft liegt im Außenministerium“
Seit langem wird gerätselt, ob Außenministerin Annalena Baerbock bei der Bundestagswahl 2025 wieder als Kanzlerkandidatin der Grünen antreten wird. Am Rand des Nato-Gipfels schafft sie Klarheit – und erteilt eine deutliche Absage.
Annalena Baerbock wird sich voll auf ihr Amt als Außenministerin konzentrieren und strebt keine erneute Grünen-Kanzlerkandidatur an. Statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, wolle sie angesichts der internationalen Krisen ihre Kraft voll ihrer aktuellen Aufgabe konzentrieren, äußerte die Grünen-Politikerin in einem Interview des US-Fernsehsenders CNN am Rande des Nato-Gipfels in Washington.
“Die Welt ist offensichtlich eine ganz andere als zur letzten Bundestagswahl”, sagte Baerbock laut einer offiziellen Übersetzung des Auswärtigen Amts in Berlin. “Im Lichte des russischen Angriffskrieges und nun auch der dramatischen Lage im Nahen Osten braucht es nicht weniger, sondern mehr Diplomatie. ‘Sonst füllen Sie die Lücke andere’, ergänzte sie.
Baerbock fügte in dem von der CNN-Journalistin Christiane Amanpour geführten Interview hinzu: “Daher bedeutet in diesen extremen Zeiten staatspolitische Verantwortung als Außenministerin für mich: Statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, meine Kraft weiterhin voll und ganz meiner Aufgabe zu widmen, Vertrauen, Kooperation und verlässliche Strukturen zu bilden – für und mit so vielen Partnern weltweit und in Europa, die darauf bauen.”
Baerbock, die sich vor der Bundestagswahl 2021 mit dem heutigen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck darauf geeinigt hatte, damals als Kanzlerkandidatin der Grünen anzutreten, versicherte zugleich: “Natürlich werde ich im Wahlkampf alles tun, um meine Partei zu unterstützen, wie ich es das letzte Mal auch getan habe.”
Nach Baerbocks Rückzug ist nun Robert Habeck Favorit auf die Grünen-Kanzlerkandidatur. Daraufhin sprach er am Mittwochabend: “Baerbock habe Deutschland gut im Griff.” “Alles Weitere werden wir in den Gremien beraten und rechtzeitig verkünden.”
Dass entweder Baerbock oder Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Grünen in den nächsten Bundestagswahlkampf führen würden, ist seit längerem klar. Habeck ist seit Monaten dabei, die Lust auf den Kandidaten deutlich zu machen, auch wenn er das bislang nicht glasklar gesagt hat. Wie auch? Schließlich gibt es da noch Baerbock.
In deren Umfeld hieß es noch im Frühjahr, man wolle am vor zweieinhalb Jahren vereinbarten Verfahren zur Kandidatenaufstellung festhalten. Im September 2022 hatte der Vorstand entschieden, dass die Partei-Basis bei einer Urwahl entscheiden soll, falls es mehrere aussichtsreiche Kandidaten geben sollte.
Doch eine Hängepartie, womöglich öffentlich ausgetragen, wollte man gerne vermeiden. Die Spitzen-Grünen hoffen stets, dass sich die beiden früheren Parteichefs einigen würden.
Hätte Baerbock an der Spitze der Kandidatur gestanden, wäre ein Machtkampf mit Habeck kaum möglich gewesen. Das wirft die Frage auf: Wie viel Ärger, wie viel politisches Kapital ist so ein Kampfwert? Und das gerade bei einer Partei, die in den Umfragen derzeit nur zwischen 11 und 13 Prozent rangiert?
Derzeit scheint es abzusehen, dass der nächste Kanzler (oder die nächste Kanzlerin) ein grünes Parteibuch haben könnte. Aber es gibt ja noch ein übernächstes Mal. Und Baerbock ist mit 43 Jahren jung für eine Politikerin – vielleicht erklärt auch das den Verzicht.